Mittwoch, 17. Juli 2013

Oh du wunderbares Bagan

Unsere zweite Station in Myanmar war Bagan, rund 600 km nördlich von Yangon, im Landesinneren gelegen. Das 40 Quadratkilometer große Tempelareal mit seinen mehr als 2200 Monumenten gilt neben Angkor als DIE architektonische Meisterleistung Südostasiens und ist der Höhepunkt einer jeden Myanmar-Reise. Im 11. und 12. Jahrhundert von den Königen des Birmanischen Großreiches errichtet, bilden die unzähligen Tempel heute eine beeindruckende, schier endlose Pagodenlandschaft in pastellfarbenen Tönen.

Pagoden, soweit das Auge reicht
Die alte Königsstadt Bagan liegt in einer Trockenzone mit kaum Niederschlag; schuld daran sind die hohen Gipfel des Gebirges im Westen, die die schweren Regenwolken vom Weiterziehen abhalten. Das Klima in Bagan ist deshalb trocken und heiß; die Landschaft gleicht einer Savanne mit entsprechender Flora und Fauna. Die Region ist von Akazien und dornigen Sträuchern geprägt und abgesehen von einigen Vogelarten und Reptilien trotzen kaum Tiere der Trockenheit und Hitze. 

Lukas in der Abendsonne
In jedem noch so kleinen Ort zu finden: Stände, an denen Betelnüsse verkauft werden, die eingeschlagen in Blätter und vermischt mit Kalksteinpaste und Tabak gekaut werden
Eine goldene Pagode am Ufer des Irawady
Lukas in Neu-Bagan, neben Alt-Bagan und Nyaung U einer der drei Orte in der Region Bagan
Manche Bauten sind von restpekteinflößender Größe
Eine Buddha-Statue im Tempelinneren
Wir kamen mit einem Nachtbus in Nyaung U bei Bagan an, und zwar nachts um vier, und erlebten gleich unsere erste Überraschung. Ein Birmane meinte, er könnte uns zu unserem Hotel bringen; erst dachten wir, wir hätten ihn falsch verstanden, doch als wir um den Bus liefen, verstanden wir: er hatte wirklich „I have a horse“ gesagt. Pferdekutschen sind in Bagan noch das Transportmittel schlechthin; zwar gibt es auch Roller und ein paar wenige Autos, aber keine Taxis. Also brachte uns eine Pferdekutsche die 12 km durch die angenehm kühle Nacht und vorbei an beleuchteten Tempeln zu unserem Hotel (wo wir uns gleich wieder aufs Ohr hauten). Noch kein Mensch war auf der Straße und außer dem Klackern der Hufe nichts zu hören. Eine wirklich friedliche Weise des Reisens und ein stimmungsvoller Einstieg! 

Nachts halb 5 auf dem Weg nach Neu-Bagan zum Hotel
In Neu-Bagan in der Hütte einer Verkäuferin, die gemalte Bilder feilbietet
Bine ganz klein in den Ruinen eines Klosters
Auf dem Weg zu einem guten Platz, um den Sonnenuntergang zu sehen
Nach zwei Nächten ziehen wir nach Nyaung U um - hier ists günstiger und wir sind näher an den Pagoden im Norden des Gebietes - auch diese Kurzreise erfolgt zu Pferde
Bäuerinnen auf dem Weg nach Hause durch die Tempellandschaft
Lukas genießt den Sonnenuntergang
Die nächsten drei Tage widmeten wir der Erkundung dieser atemberaubenden Pagodenlandschaft. Jeden Tag mieteten wir uns ein Fahrrad, mit dem sich die Distanzen gut bezwingen ließen, und radelten auf Sandpisten durch die heiße Sonne von einem Tempel zum nächsten. Dabei trafen wir hier und da einen anderen Touristen, die meiste Zeit aber waren wir ganz für uns. Das war etwas, das wir zu schätzen wussten – seit Angkor wissen wir nämlich nur zu gut, dass diese besondere Stimmung in diesen historischen Stätten, dieses ergreifende Gefühl, eine vergessene Welt zu betreten, von fotografierenden, quasselnden Touristenhorden um einen herum durchaus entzaubert wird. 

Mit dem Drahtesel zum nächsten Bauwerk
Beeindruckende Baukunst
Lukas sieht rot
Die meisten Bauten sind recht gut erhalten
Luxus in unserem ersten Hotel: ein Pool mit Pagodenblick, in den wir an zwei Tagen in der Mittagshitze Abkühlung suchten (und fanden!)
Den dritten Tag fuhren wir zwischendrin nicht zurück ins Hotel. Weil es zum Radeln aber in der Mittagszeit viel zu heiß ist, machten wir Pause in der Hängematte im Schatten eines Tempels - auch nicht übel!
Manche Tempel sind ausgeschildert, andere sucht man länger
Landwirtschaft in Myanmar ist Muskel- und Kuharbeit. Maschinen haben wir an keinem Ort gesehen.
Das nächste Ziel schon im Blick
Die meisten Tempel sind stets offen – zumindest das „Erdgeschoss“, leider kann man nur noch bei ganz wenigen nach oben steigen – und wenn einer verschlossen ist, so ist der Schlüsselträger meist nicht weit. Mit unserem Stefan Loose-Reiseführer hatten wir einen exzellenten Führer. In dem Buch stand nicht nur, welche Tempel besonders sehenswert sind, sondern auch ausführlich allerlei Besonderheiten, Architektonisches, Geschichtliches, Interpretationen von Verzierungen oder andere interessante Details. Am jeweiligen Monument angekommen suchten wir uns ein schattiges Plätzchen und lasen über das Bauwerk vor unserer Nase. Mit all dem Wissen machte das Erkunden gleich doppelt so viel Spaß, vor allem, weil man all die feinen Unterschiede zwischen den Bauwerken erkennt. 

Jemand da?
Großer Tempel links, kleine Bine rechts
Lukas liest über Könige und Architektur
Eine Darstellung von Buddhas Geburt aus der Seite seiner Mutter
Die Shwezandaw-Pagode mit ihrem tollen Blick beim Sonnenuntergang ist der einzige Ort, an dem viele Touristen anzutreffen sind
Wo sind wir bloß?
Hübsche Verzierungen an den Außenmauern, leider nur teilweise erhalten
Der Dhammayangyi, das massivste Bauwerk Bagans
Ein wahrhaft strahlendes Bauwerk: die vergoldete Shwezigon aus dem 11. Jahrhundert
Der Standort wurde einer alten Tradition folgend mithilfe eines weißen Elefanten ermittelt: dort, wo das frei herumlaufende Tier mit der Reliquie auf dem Rücken anhielt, sollte sie erbaut werden
Fröhliche junge Frauen mit der typischen gelben Paste zum Schutz vor der Sonne auf Wangen und Nase
Die zahllosen Tempel sehen sich nämlich auf den ersten Blick zum Verwechseln ähnlich; alle wurden mit rotem Ziegel erbaut und waren einst weiß verputzt, doch ist davon kaum noch etwas übrig. Auch haben die meisten Tempel eine quadratische Grundfläche und einen ähnlichen Baustil und im Inneren eines jeden Tempels findet man große Buddha-Statuen vor. Und doch gibt es zahlreiche Unterschiede, wenn man nur die Augen offen hält: so sind manche Tempel voller detaillierter Wandmalereien, in anderen sind Steinreliefs die dominante Verzierung. An der Bauweise der Türmchen auf den Dächern der Tempel erkennt man die Zeit, in der das Monument entstand, ebenso an der Beschaffenheit der Fenster. Die Buddha-Statuen sind immer ein bisschen anders und weisen auf unterschiedliche Lebensphasen des Religionsbegründers hin. Mehr und mehr fanden wir Freude daran, nach all diesen kleinen Besonderheiten zu suchen, und wurden nicht müde, Tempel um Tempel zu besichtigen.


Bine im Glück
Bagan in der Abendsonne mit der Lichtrichtung ist ebenso schön wie...
der Blick gegen das Licht.
Überreste von Wandmalereien
Immer wieder Gold, immer wieder Buddha, immer wieder ein bisschen anders
Da hat das Gold nur für die Spitze gereicht
Trinkpause vor dem Dhammayangyi...
... der für seine perfekt verarbeiteten Ziegelsteine bekannt ist. Die Mauern ernten heute zwar Bewunderung, doch zu einem hohen Preis: Narathus, der König, der dieses Bauwerk errichten ließ, ordnete die Hinrichtung der Maurer an, sobald er eine Nadel zwischen die Ziegelsteine stecken konnte.
Wunderschöne Reliefs im Inneren eines Tempels
Die Bupaya-Pagode in Alt-Bagan am Ufer des Irawady
Obgleich die Tempelbesuche sehr interessant waren, unseren Bagan-Höhepunkt fanden wir auf den Dächern der Tempel, die man noch besteigen darf. Hoch oben steht man da, den allgegenwärtigen warmen Wind auf der Haut, und kann seinen Augen kaum glauben. Eine Savannenlandschaft liegt vor einem, aus der bis zum Horizont pastellrote Türmchen ragen; kein Motorengeräusch stört die Stille, keine anderen Menschen die Einsamkeit, kein modernes Gebäude diesen perfekten Ausblick. Man möchte versinken in der Perfektion dieses Momentes und wünscht sich nichts mehr, als diesen Augenblick und niemals zu vergessen. 


Oh Bagan, du hasts uns angetan!
Ein Anblick, der einem den Atem raubt
Abreisetag
Oh du schönes Bagan, dich werden wir nie vergessen!



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