Freitag, 26. Juli 2013

In Varanasi, der heiligsten Stadt des Hinduismus

Nach einer 31-stündigen Odyssee in Bussen, Pickups und Zügen erreichten wir um 4 Uhr nachmittags am Tag nach unserer frühen Abreise aus Nepal schließlich stinkend, klebend und hungrig unser Hostel in Varanasi. Selten haben wir es so sehr genossen, zu duschen und Zähne zu putzen. Sauber und glücklich gönnten wir uns gemeinsam mit unserem Reisekollegen Nik ein vorzügliches Essen im Restaurant auf der Dachterrasse des Hostels, mit tollem Blick über die Häuser und den breiten Ganges, das Herz der heiligen Stadt, und mit ganz viel leckeren Chai Masala (Milchtee mit Gewürzen) hinterher, zum Sonnenuntergang. Wir hatten also zwar einen anstrengenden Start in Indien, dafür aber einen umso schöneren in Varanasi, unserer ersten Station. 

Warten auf den Zug, der einfach nicht kommen will: um 11 Uhr abends sollte er kommen, mittlerweile ists halb 3 Uhr nachts. Bine ist schon eingeschlafen.
Am nächsten Vormittag im Zug gibts statt Frühstück nur indische Knabbereien
Der Bahnhof in Varanasi: voller Menschen, die es sich hier gemütlich machen...
... und natürlich gibts auch Kühe.
Angekommen! Nik und Bine plaudern selig (und sauber!) auf der Dachterrasse
Unser erster Blick von der Hotelterrasse auf Varanasi in der Abenddämmerung, das sich um eine gewaltige Biegung des Ganges legt

Varanasi liegt im Bundesstaat Uttar Pradesh, ganz im Norden Indiens an der Grenze zu Nepal, und ist der Heimatort von rund 1,2 Millionen Menschen. Oft halten sich jedoch weit mehr Menschen hier auf. Varanasi ist nicht nur ein beliebtes Touristenziel, sondern auch Ziel Tausender Pilger, denn sie ist die heiligste Stadt des Hinduismus. Ein Bad im Ganges, an dessen Ufer sich die Stadt schmiegt, reinigt der Mythologie nach von allen Sünden; stirbt ein Hindu in Varanasi, wird er verbrannt und die Asche in den Ganges gestreut, so schafft er sogar den Ausbruch aus dem ständigen Kreislauf der Wiedergeburt und geht ein ins Nirwana.  

Eine Straße zum Ganges
Wer kann, sucht sich bei der Hitze ein schattiges Plätzchen
Ziege!
Boote im Ganges
Unsere erste Indien-Erfahrung war also gleich ein echtes Highlight des Landes, ein bunter Ort voller Kultur und Religion, und ein sehr intensives Erlebnis. Das Ganges-Ufer ist dicht bebaut, statt Straßen findet man hier ein enges Gassengewirr vor. In diesen Gassen herrscht ein unglaubliches Gewusel, Händler bieten aus winzigen Zimmerchen ihre Ware an, Mopeds fetzen hupend an Fußgängern vorbei, Prozessionen tragen in bunte Tücher gehüllte Leichen zum Fluss, dazwischen Hunde, Essensstände, Müll und verrückterweise lauter Kühe. Verlockende Düfte wechseln sich mit bestialischem Gestank ab, wir sehen Wunderschönes und Hässliches in derselben Minute, empfinden Bewunderung, Faszination, Ekel und Abneigung – es ist ein kontrastreicher Ort. 

Viele Häuser haben keine sanitären Anlagen; die Menschen nutzen deshalb Wasserpumpen und auch öffentliche Toiletten auf den Straßen
Varanasis verrückter Verkehr
Ein indischer Süßwarenverkaufsstand hat einen Fan gefunden
Das Straßengewusel ist anstrengend (vor allem wegen des ständigen Hupkonzertes!) und dennoch so farbenfroh
Nacht in Varanasi. Diese Kuh hat sich schon mal schlafen gelegt, natürlich mitten in der Stadt - hier lebt sie ja auch.
In einem kleinen Laden wird uns frisches Lassi zubereitet, wir haben Granatapfel und Mango bestellt...
... und bekommen es in den traditionellen Tontöpfchen serviert. Wohl das beste Lassi, das wir getrunken haben!
Das sieht man viel: enge Gasse mit Kuh. Angeleint ist sie aber in den seltensten Fällen
Lukas wartet auf seinen indischen Snack, eine Art gefüllten Pfannkuchen, der gerade links zubereitet wird
Wir kämpften uns also durch die Gassen, umschwärmt von manchmal allzu aufdringlichen Händlern, um die Stadt zu erkunden. Besonders beeindruckend sind die sogenannten Ghats, die treppenartigen Zugänge zum Ganges. Davon gibt es etliche in Varanasi, und manche haben eine bestimmte Bedeutung. Beispielsweise finden am Marnikanika Ghat die Bestattungen statt: die Bahren mit den in Tücher gewickelten und schön geschmückten Leichen werden ein letztes Mal im Ganges gewaschen, dann zum Trocknen aufgestellt und schließlich mit einem bestimmten, duftenden Holz verbrannt. Die Asche wird in den Ganges gestreut. Kinder, Schwangere, Heilige und Leprakranke dürfen allerdings nicht verbrannt werden, sondern werden mit einem Boot in die Mitte des Ganges gebracht und dort versenkt. All dem kann man beiwohnen, die Leichen in den Scheiterhaufen brennen sehen – nur weinen darf man nicht, denn das stört die Seelen der Toten. Ein schräges Erlebnis, spannend, bewegend und grotesk zugleich. Die meisten anderen Ghats sind weniger krass, werden beispielsweise genutzt, um ein Bad zu nehmen (was auch die vielen Kühe gerne machen) oder einfach, um herumzuhängen, Leute zu treffen und Chai zu trinken.  

Jeder Zentimeter in den Gassen wird als Verkaufsfläche genutzt
Holzvorräte am Marnikarnika Ghat. Das spezielle, ölreiche Holz, das mit dem Boot angeliefert wird, ist eine Art Duftholz und sorgt dafür, dass es bei den Verbrennungen  nicht stinkt
Bine und Nik an einem wuseligen Ghat
Ein Junge nimmt ein Bad im Ganges, was wir ihm eigentlich auch noch gleichtun wollten, doch nach all den Geschichten, was dort alles versenkt wird, zogen wir doch lieber wieder die Dusche vor
Doch auch die Kühe findens klasse
Bestimmt erfrischend, bei der Hitze!
Dieser Herr posiert für Lukas' Kamera. Nik und Bine können sich vor Lachen kaum halten
Am Ganges
Lukas am Assi Ghat, dem größten, an dem auch viele Zeremonien stattfinden
Wir haben Glück und dürfen eine erleben: am Abend findet am Assi Ghat eine Zeremonie zu Ehren Vishnus statt
Zurück im Gassengewusel
Auf der Flucht vor der knallenden Nachmittagssonne in einem kleinen Restaurant
Die Gasse, in der unser Hostel liegt
Noch können wir es nicht beurteilen, aber falls Varanasi representativ für Indien ist, dann werden wir in den nächsten 2 Wochen eine Menge Geduld und starke Nerven brauchen. Als Lohn gibt’s dann aber auch Eindrücke, die man nicht mehr so schnell vergisst. Und verdammt gutes Essen auch. 

Zurück am Bahnhof: wir buchen Tickets für die Weiterreise nach Agra
Der Zug ist Transportmittel Nummer Eins
Tschüss, Varanasi! Sagt der sture Bock zur Ziege (oder andersrum?)


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