Samstag, 29. Dezember 2012

Cusco und Machu Picchu

Wie immer bringt uns ein Nachtbus in die Hauptstadt der Inkas – Cusco. Da wir noch keine Ahnung haben, wo wir bleiben wollen, schließen wir uns einfach einem Australier an, der von einem netten Hostel in der Stadt gehört hat. Und nett ist es wirklich! Es ist ein altes Kolonialhaus mit Säulengängen rund um einen Patio mit Tischtennisplatte und Sitzsäcken. 

Unser Kurzzeitzuhause
Lukas bewirbt sich fleißig
Juchu, endlich wieder Brettspiele!
Lukas macht Pause
Sonst hat das Hostel neben einer Küche (die wichtig ist für uns, da wir die meiste Zeit selber kochen) auch ein kleines Restaurant, das leckere Essen zu Preisen anbietet, die zwar im Vergleich zu Bolivien deutlich angehoben sind, sich hier aber eher im erschwinglichen Sektor bewegen. Mir hat’s vor allem der Oreo-Schokoladeneis-Milkshake angetan. Bine stürzt sich eher auf die rund um die Uhr kostenlos verfügbaren Tees. Wir übernachten im größten Dorm mit 14 Betten, doch die sind schön groß und gemütlich. In diesem muggeligen Hostel entscheiden wir uns länger zu bleiben und es uns gut gehen zu lassen, so dass ich hier meine Bewerbung für den Master endlich fertig machen konnte.

Der Nikolaus hat's bis nach Peru geschafft!
Bewerbung-abgeschlossen-Bier
Trinkspiele kommen einfach bei allen Nationalitäten gut an
Bine versucht verzweifelt, sich Nutella-Ersatz zu basteln
Cusco selbst ist auch nicht schlecht. Sehr kolonial (die Spanier haben auf alle alten Inkakönigspaläste eine Kirche gebaut) und das schön erhalten, mit einem großen Plaza de Armas (Zentralplatz), einem Schokoladenmuseum, einem Inkamuseum (wieder mit vielen alten Tontöpfen und Mumien aber diesmal sehr schön gemacht) und Jack’s Café, was zu Bines Lieblingsbeschäftigung wurde, denn die Nachtische waren wirklich ziemlich gut. 

In Cuscos engen Gassen
Mit Iain und Naomi auf Entdeckungstour
Der kuckt aber doof! Oder wie Iain gesagt hat: "That's a face only a mother could love!"


Lukas bestaunt die astronomischen Erkenntnisse der Inka im Sonnentempel-Museum
Mmmh, frisch gemixter Saft auf dem Mercado Central
Außerdem probierten wir hier, was man in Peru nicht verpassen durfte: Alpaca und Meerschweinchen. Während das Alpaca sehr lecker und einfach zu essen war, war das Meerschweinchen schon eine Erfahrung und Herausforderung. In einige große Teile zerlegt, u. a. eines war der ganze Kopf, wurde einem empfohlen es mit der Hand zu essen, um es richtig genießen zu können. Und es hat tatsächlich gar nicht schlecht geschmeckt, wenn auch nicht sehr geschmacksintensiv. Bine mochte die Würzung nicht. Mehr für mich! :)

Da wird's gebraten, das arme Schweinchen
Links Alpaca, rechts die Meersau
Lukas freut sich, darf mit den Händen essen
Dann kam der große Tag: Machu Picchu wollte bezwungen werden. Und das entwickelte sich zu einem kleinen Abenteuer. Alle gewöhnlichen Alternativen waren uns zu teuer: Erstaunlich viele machen den Inka Trail (der Weg den die Inka damals nahmen) oder vergleichbare Wanderungen, der 4 Tage dauert und etwa 400 Dollar kostet!? Außerdem gibt’s einen Zug, der nach Aguas Calientes (Machu Picchu Pueblo) fährt (allerdings nicht einmal von Cusco, sondern vom 70 km entfernten Ollantaytambo aus) und für Einheimische 10 Soles (3 Euro), für Ausländer hingegen 180 Soles (54 Euro) kostet. Die spinnen doch, die Peruaner! Da blieb uns bei unserem Budget nichts anderes übrig, als nach Alternativen zu suchen. Als wir hörten, dass man entlang der Schienen auch einfach zu Fuß laufen könne, war unsere Alternative schon gefunden. Allerdings dauerte die Fahrt nach Ollantaytambo (eigentlich extra früh gedacht) unerwartet lange, dann wartete der zweite Sammelbus eine ganze Stunde, um auch noch den allerletzten Platz zu füllen und so war es schließlich schon nach 2, als wir endlich an den Schienen ankamen und unsere 28 km-Wanderung starten konnten. 

Noch voller Elan
Zuuuuuuuug
Machte aber nichts, wir waren voller Wanderlust und guter Dinge, und außerdem wie berauscht von der atemberaubend schönen Landschaft. Der Weg führte durch ein tiefes Tal, dass von steilen Bergen eingefasst ist, immer entlang eines reißenden Flusses. Der Weg entpuppte sich jedoch auf dem ersten Teil als inexistent, sodass wir wohl oder übel auf den Schienen gehen mussten (Die Schwellen passten nicht so gut zu unserer natürlichen Schrittfrequenz). Das war jedoch weniger waghalsig, als es klingt, denn sobald ein Zug kam, hat er laut gehupt und die Zugführer haben uns freundlich zugewinkt, während die Touristen im Zug uns ungläubig nachgeschaut haben. Da haben wir uns immer gefreut. 

Unser "Wanderweg"
Kommt da nicht ein Zug?
Pinkelpause und Rucksacktausch nach den ersten 10 km
Die schöne Landschaft wurde ab spätestens 18:30 Uhr durch die einbrechende Dunkelheit ihrer Interessantheit beraubt und wir mussten die letzten 13 km durch die steilen Berge in fast vollkommener Finsternis wandern. Wenigstens konnten wir uns dank der Schienen nicht verlaufen. Wandergenuss war das dann aber auch nicht mehr, mit schmerzenden Füßen und Schultern schleppten wir uns schweigend voran, während sich unsere Gedanken mehr und mehr um allerlei Erfischungsgetränke, Betten, Schuhe ausziehen oder einfach nur Licht drehten. Richtig unheimlich wurde es, als in dem kleinen Lichtkegel unserer Stirnlampen vor uns plötzlich ein paar blitzende Augen auftauchten, sonst nichts, woraufhin wir kurze Zeit später mit Bellen und Knurren von wilden Hunden daran erinnert wurden, bloß nicht langsamer zu werden.

Es wird schon düsterer
Schuhe binden in absoluter Dunkelheit
 Müde und dankbar erreichten wir schließlich Aguas Calientes um 9 Uhr, kauften uns drei Liter Fanta und ließen uns ohne zu duschen im erstbesten Restaurant nieder.
Den nächsten Tag verbrauchten wir mit Muskelkater in den Waden und Blasen an den Füßen in Aguas Calientes, was zwar sehr schön gelegen, aber unglaublich touristisch ist. In der Hauptstraße reiht sich ein Restaurant an das andere. Alle versuchen einen mit 4 für 1 Cocktailangeboten zu locken und bieten gleichzeitig Pizza, sowie chinesisches, mexikanisches und peruanisches Essen an. Nachdem wir einmal darauf hereingefallen waren, suchten wir ein Restaurant, das nur eines davon anbot (gar nicht so leicht!) und bekamen tatsächlich einigermaßen gutes Essen.

Lukas hilft, die Weihnachtsdeko im französischen Café anzubringen (ein Palstek, natürlich!)
Beine ausruhen und Inka-Statue bestaunen in Aguas Calientes
Bine ruft das Hostel in Cusco an, weil wir einen Tag länger brauchen als geplant
 Am nächsten Tag standen wir um 4 Uhr morgens auf und stapften guten Mutes los eine halbe Stunde eben entlang der Schlaglochpiste (wohin fließt nur das ganze Touristengeld?), über den Fluss und von da an eine Stunde Treppen steigen. Ein echter Kraftakt ohne Frühstück. Vielleicht lag‘s aber auch an dem Rest-Muskelkater. 
In der Morgendämmerung rein in den Urwald
rauf rauf rauf, immer schön die Treppe rauf!
Als wir schnaufend, verschwitzt und bereit für den Sonnenaufgang oben ankamen, begann es gerade zu regnen und der Nebel war so dick, dass wir kaum 30 Meter schauen konnten. Tolle Wurst. Etwas enttäuscht setzen wir uns in den Tempel der aufgehenden Sonne (Ironie des Schicksals, aber das war der so  ziemlich der einzige überdachte Platz) und frühstückten Banane und Kuchen, während wir vor uns in die weiße Wand schauten. 

Lukas sieht weiß
Frühstück
Langsam, langsam wirds besser
Immerhin konnten wir so die Wasserkanälchen, die überall das Wasser ab- und hinleiteten, in Aktion sehen, denn die waren wirklich plietsch (für alle Landratten = pfiffig und durchdacht), verschwanden hier und tauchten dort wieder auf. 

Die hatten doch zu viel Zeit, die Inkas!
Die heutigen Einwoher Machu Picchus
Wir freuen uns, man sieht mehr und mehr
Gestärkt wanderten wir zurück zum Einlass und investierten das durch unsere spannende Wanderung gesparte Geld in einen Führer, der uns für anderthalb Stunden durch die ganze Stadt führte, uns allerlei Spannendes erzählte und von uns mit noch mehr Fragen gelöchert wurde. 

Der Brumm-Tempel funktioniert tatsächlich immernoch!
Unser Guide erklärt, was die cleveren Inkas da wieder fabriziert haben
Während wir so dahin schlenderten, verbesserte sich das Wetter immer mehr. Als wir schließlich um 10 Uhr Wayna Picchu (der hohe Berg im Hintergrund aller Postkarten) erstürmen durften, hatte sich der Nebel endlich gelichtet. Die Wanderung dort hinauf war spannend. 250 Höhenmeter in einer halben Stunde über alte und schiefe Treppen, die sehr steil über einem Abgrund nach oben führten (aber mit Seilen zum festhalten ausgestatten waren). 

Alle wollen auf den Wayna Picchu (im Hintergrund)
Bevor's rauf geht, müssen wir erstmal ein Stück runter
Die erste gute Aussicht haben wir uns erklettert!
Aber es geht noch höher
Oben auf dem Gipfel gab es noch ein paar Ruinen, wie auch immer die Inka die dort hinbauen konnten, und einen wunderschönen Ausblick auf Machu Picchu, den wir ja zum Glück jetzt voll genießen konnten. 

Ruine auf Wayna Picchu
Unglaublich, wie die Inka hier was draufbauen konnten
Für solch eine Aussicht schwitzt man doch ganz gern ein bisschen
Auf dem Weg runter wurden wir wieder von Regen begleitet, der sich anschließend immer wieder verzog (und wieder kam und wieder verzog), während wir noch weiter durch die Stadt liefen. 
... und wieder Regen.
Auf dem Weg zur Inkabrücke, ca. 20 min von Machu Picchu entfernt
Man beachte nicht nur den sportlichen Lukas, sondern auch die Befestigungsvorrichtung für eine Holztür!
Am Ende entschieden wir uns um 16:30 Uhr uns an den Abstieg zu machen, nachdem wir also mehr als 10 Stunden dort oben waren und dieses Wunderwerk der Menschheit bestaunt hatten. Machu Picchu ist wirklich eine Reise wert, auch wenn wir um den ersten, atemberaubenden Augenblick gebracht worden sind und es deshalb vielleicht nicht ganz so magisch fanden wie manch andere, dafür aber umso spannender und interessanter.

Aus allen Perspektiven...
... schlichtweg beeindruckend!
Weihnachtsdeko beim wohlverdienten Abendessen
Nach einem letzten Kampf mit den Restaurantschreiern brachen wir am nächsten Tag um 10 Uhr die Rückreise an. Diesmal auf dem anderen Weg aus dem Tal heraus, diesmal nur 10 km. Natürlich regnete es wieder nach der ersten Hälfte, aber wir waren gut gelaunt. Die Landschaft war wieder wunderschön mit regenwaldartigen Wäldern, wilden Bergen und drei Hunden, die uns den Weg entlang der Schienen begleiteten. Hunde im Tageslicht sind uns ja auch wirklich eine willkommene Gesellschaft. 

Lukas im Regenwald
Unsere fröhlichen Begleiter
Bine auch im Regenwald
Drei Stunden liefen wir diesmal, danach mussten wir drei unterschiedliche Gefährte besteigen und gelangten so schließlich erst um 20 Uhr endlich in Cusco an. 

Rückfahrt nach Cusco durch die schneebedeckten Anden
Am selben Abend, als wir gerade unsere wohlverdienten Nudeln zum Abendessen genossen, startete um uns herum die allmittwöchliche Bingo- und Quiznacht, an der wir spontan teilnahmen und mit unserem Tisch, dem Team „Kreuzschlitzschraubenzieher“ ordentlich abräumten. Zwei Stunden später waren 2 Shots, eine Flasche Wein, eine Flasche Rum, Flasche Cola und T-Shirts für alle an unserem ziemlich cleveren Tisch gelandet (und nur ein Shot woanders) und wir waren fröhlich angetüdelt.

Bingo!
(falls es jemanden geben sollte, der das nicht erkennt: http://www.youtube.com/watch?v=vdJ1h4amA4I&noredirect=1)
Die Kreuzschlitzschraubenzieher siegen hochhaus!
Es geht rund mit Gin, Wein und Rum
Der Bus nach Ica für den nächsten Abend war schon gebucht, also lehnten wir uns am nächsten Tag in den Sitzsäcken zurück, ließen unsere Körper in Ruhe den Restalkohol abbauen, aßen ein letztes Mal einen Schokoladenmuffin bei Jack’s Café und freuten uns darauf, schon bald endlich mal wieder die Flipflops herausholen können zu werden.