Samstag, 15. Dezember 2012

Copacabana, die Zweite, und die Insel der Sonne

Ein alter, nicht sehr vertrauenerweckender Überlandbus, dessen Motorbremse direkt unter unseren Sitzen bei jedem Berg furchterregende Geräusche von sich gab und der mitten in der Nacht ab und zu scheinbar grundlos einfach stehen blieb, brachte uns nach fast 12 Stunden um kurz vor 8 Uhr morgens nach La Paz. Dort hatten wir kaum Aufenthalt, denn glücklicherweise ergatterten wir glatt die letzten zwei Plätze in einem Kleinbus nach Copacabana, der sofort abfuhr.

Eine halbe Stunde vor unserem Ziel erhielten wir schon einen Vorgeschmack auf den Titikakasee; da Copacabana auf einer Halbinsel liegt, die nur über Peru mit dem Festland verbunden ist, mussten wir alle aussteigen und eine kurze Fährfahrt unternehmen. Unser Bus auch. Da wussten wir dann auch, warum nur Kleinbusse von der bolivianischen Seite nach Copacabana fahren. 

Unser schwimmender Bus
In Copacabana taten wir in einem Tag alles, was man in dem idyllisch am Titikakasee gelegenen 5,5-tausen-Einwohner-Städchen eben tun kann: essen, shoppen, Basilika besuchen und den Hausberg besteigen. Eine große Pizza Napoli machte den Anfang und stärkte uns für die nächsten beiden Aktivitäten. Am selben Abend hatten wir erfolgreich all die kleinen Läden abgeklappert, die aneinandergereiht die Straßen säumen und vor allem Mützen, Schals und Pullover verkaufen, etliche Modelle anprobiert und schließlich jeder einen Alpaka-Pulli erstanden, sowie anschließend die Basilika  besucht, die die "schwarze Jungfrau" beinhaltet und das kleine Copacabana zum wichtigsten Wallfahrtsort Boliviens macht. Der Jungfrau werden nämlich heilende Kräfte nachgesagt, was sogar jemanden veranlasst hat, ein Replikat anzufertigen und dafür eine Kirche an einem brasilianischen Strand zu bauen. Dreimal darf man raten wo…

Einkaufen mit Titikaka-Panorama
Boliviens (mit-) älteste Kirche mit der berühmten schwarzen Jungfrau
Doch der Kaffee schmeckt mal wieder nicht so gut ...
Am nächsten Morgen bestiegen wir den Hausberg Cerro Calvario, der mit 3.966 Metern fasst die 4.000er-Grenze knackt und verdammt hoch klingt, dessen Besteigung allerdings keine allzu sportliche Leistung ist, wenn man bedenkt, dass er lediglich schlappe 109 Höhenmeter über der Stadt liegt. Der Ausblick über den Titikakasee ist dennoch atemberaubend. 

Beim Erklimmen des Berges
Der höchste (kommerziell schiffbare) See der Welt, auf 3810 m
Copacabana mal anders, ohne Hochhäuser und Zuckerhut
Am Mittag nahmen wir ein Boot zur 1 km vom Festland entfernten Isla del Sol, der Ursprung der Inka laut der Mythologie, denn hier sollen die Kinder der Sonne, Manco Capac und Mama Ocllo, die ersten Inka, aus dem See gestiegen sein, um den Nabel der Welt zu finden (auf der Inkasprache Quechua: Nabel der Welt = Qosq‘o oder Cusco) und dort eine Stadt zu gründen.

Obwohl wir beide sowohl Boote als auch Wasser mögen, war diese Bootsfahrt durchaus grenzwertig; wegen des starken Windes erklärte der Steuermann uns und den restlichen 30 Passagieren, dass er leider nicht bis zur Insel fahren könne, der Wellengang sei zu stark. 

Wir fahren zur Insel ... nicht. Verkündung der schlechten Nachricht
Umkehren könne er allerdings auch nicht, aus demselben Grund. Also warfen uns die Wellen ein paar Minuten hin und her, bis plötzlich ein Fenster direkt neben uns aus der Halterung brach und endgültig in unserer Vermutung bestärkte, dass wir auf einem absoluten Wrack von Boot gelandet waren. Jetzt wurden auch all diejenigen pitschnass, die vorher weit genug von den restlichen fehlenden Fenstern entfernt saßen und bisher trocken geblieben waren.

Lukas wird nicht nass, denn er versteckt sich hinter den Kanadiern (in gelb gekleidet)
Wir überlegten schon, ob wir es wohl mit unseren großen Rucksäcken schwimmend an Land schaffen würden, als wir uns umschauten und bei dem Anblick der panischen bolivianischen Familien feststellten, dass wir im Falle eines Falles wohl eher ein Kind mit an Land transportieren müssten. Soweit kam es dann glücklicherweise doch nicht, denn der Steuermann fand schließlich zu seiner Tatkraft zurück und manövrierte den alten Kasten in eine Bucht, um dort zu ankern, bis der Sturm vorbei war.

Endlich eingebuchtet mussten wir uns warm anziehen und die Hälfte der Klamotten an frierende Bolivianer verleihen
Den Anker hät's wohl nicht gebraucht, denn wir saßen auch so ganz gut fest
Nach einer halben Stunde war es schon deutlich ruhiger und entgegen unserer Erwartungen erreichten wir wenig später tatsächlich völlig durchnässt, aber unversehrt die Insel.

Wer ist jetzt der Packesel?
Die Tage auf der Isla del Sol entschädigten uns jedoch für alle Widrigkeiten der Hinreise.

So'n Untergang von der Hostelterrasse
Etwa 10 km lang und halb so breit erhebt sie sich hügelig mitten aus dem auf 3.810 Metern gelegenen Titikakasee und bringt mit ihren etlichen Buchten, Bergen, Dörfern und Terrassen ihre Besucher zum Staunen. Während wir bei der Hinreise noch vor Kälte schlotterten,

Bine versucht sich voll eingepackt aufzuwärmen. Heizung war aus (insider: nicht vorhanden)
hatten wir am nächsten Morgen blauen Himmel und Sonnenschein, sodass wir sogar auf der Hostelterrasse mit einem grandiosen Ausblick frühstücken konnten.

Gute Aussicht auf einen schönen Tag (mit den nicht mehr gelben Kanadiern)
Wenn man keinen Besen hat, müssen die Esel das Wasser ins Dorf tragen
 

Danach wanderten wir von Yumani, dem Dorf im Süden, in dem wir übernachteten, über alle Kämme bis zur Nordspitze und auf einem Höhenweg wieder zurück.

Der Süden mit unserem Dorf (die hinteren Berge sind schon Festland)
Abkürzung durch die Inkaterrassen

Der Norden, wo alles begann (für die Inkas)
Schöne Landschaft, gute Wanderwege, viel Geschichte und bomben Wetter ... was will man mehr
Der Wanderweg führt dabei an allen wichtigen Inkastätten vorbei, beispielsweise am titi-karka, dem Felsen des Puma, der dem See seinen Namen gab, die alle allerdings überraschend unbeeindruckend waren.

Ruinen der Inkatempel (man merke sich die Bucht)
Der Titi-Karka, der Felsen des Pumas (wenn man genau hinschaut, sieht man links neben dem hervorstehenden Teil in der Mitte einige Linien, die entfertn an ein Katzengesicht erinnern)
Das unterwältigende Museeum. Alte Töpfe und Totenschädel dürfen natürlich nicht fehlen.
Unser Isla del Sol - Aufenthalt hätte traumhafter nicht sein können. Weils so schön sonnig war, zeigte sich Insel uns von ihrer ganzen Schönheit. Nach jeder Wegbiegung berauschte uns ein neuer toller Ausblick und wir dachten, die schönste Stelle der Insel entdeckt zu haben. 181 Fotos sprechen für sich.

Lukas, mal wieder auf einem Stein, bestaunt den Ausblick auf die schneebedeckten Berge der Anden
Esel, wohin man schaut...

Das Ferkelchen zeigt uns den Weg
Und Meerschweine gab's auch
Außerdem konnten wir unser Vorhaben, im höchsten See der Welt ein Bad zu nehmen, problemlos umsetzen - in einer azurblauen Bucht mit glasklarem und beachtlich kaltem Wasser, allerdings in Unterwäsche, denn unsere Badesachen hängen ja noch beim Salzsee.

Unterhalb der Ruinen (s.o.) wird die Eignung festgestellt ...
... und für gut befunden.
Bine traut sich als erste
Halb zog sie ihn, halb sank er hin, doch schließlich war auch Lukas drin.
Was von uns übrig blieb
Und weil gutes Essen schöne Orte noch schöner macht, gab‘s abends leckere Forelle aus dem Titikakasee! 

Titicaca-Forelle zum Anbeißen
Nach zwei Nächten ließen wir die Insel wieder hinter uns, beeindruckt und glücklich, diesmal auch sturm- und somit problemlos.

Abschied von der Insel und unserem Hostel


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