Mittwoch, 31. Oktober 2012


Heute ist Montag, der 29. Oktober, es ist 10 Uhr morgens. Wir sitzen auf der Veranda von Beates Farm in Südbrasilien, blicken in den großen Garten und warten auf unsere Mitfahrgelegenheit: einen LKW, der 100 Jungsäue aus Beates Zucht ausliefert und uns ein paar Hundert Kilometer in Richtung Foz do Iguaçu mitnimmt.
Glücklicherweise gibt es hier neben dem Betrieb allerdings nicht allzu viel zu sehen, und so trifft erstmalig auf unserer Reise eine stabile Internetverbindung auf ausreichend Zeit und wir können endlich unseren Blog erstellen. Hier ist er also! Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen und kommentiert fleißig!

Auf Beates Farm


Nun folgte der letzte Halt bei meiner Verwandtschaft, auf den wir uns schon lange gefreut haben. Nach sieben Stunden mit dem Bus gelangten wir nach Jaguariaíva, wo Beate uns aufgabelte und mit uns und ihrem (ursprünglich niederländischen) Mann Arie Rodizio Pizza essen ging. Dabei bestellt man sich nicht eine Pizza, sondern immerzu kommt eine Bedienung an den Tisch und bietet ein Stück von irgendeiner Pizza an, die gerade gemacht worden ist. Genial! Bine und ich haben alles genommen, was wir bekommen konnten, darunter so Exoten wie Pizza mit Banane, Pizza mit Schokolade oder Pizza mit Schokolade und Kokosnuss.

Beate mag auch Caipirinha
Die Tage auf der Farm waren dann pure Erholung. Die Gelegenheit, dass es keinerlei Sehenswürdigkeiten und touristisch obligatorische Unternehmungen, dafür aber eine stabile Internetverbindung gab, nutzen wir wie gesagt, um endlich den Blog in Angriff zu nehmen. Ansonsten sind wir mit Beate im Jeep über ihre Ländereien gefahren, wo gerade Soja gepflanzt wurde, sind hinten auf der Sämaschine mitgefahren, nachdem wir Beate Löcher in den Bauch gefragt haben über die ganzen Funktions- und Vorgehensweisen, und wir haben eine exklusive Führung durch Beates Schweinezuchtbetrieb bekommen, in dem sie an die 10.000 Schweine züchtet.
Schweine, die uns an den Füssen knabbern...

Das waren wirklich ein paar sehr schöne Tage!

Massage unterm Wasserfall

São Paulo mit Hindernissen


Schöne Stunden auf dem Busbahnhof
Von der Ilha Grande sollte es, so der Plan, zurück ans Festland und von dort mit dem Überlandbus in 6 Stunden direkt nach São Paulo gehen, wo wir uns bei Dieter schon für diesen Abend angekündigt hatten. Tja, und bis zum Festland hat dieser Plan auch glatt funktioniert. Dann fuhr uns allerdings der Bus direkt vor der Nase weg, der nächste fiel aus, und um nicht 10 Stunden auf den dritten warten zu müssen, entschieden wir uns nach längeren Internetsperenzien für eine halsbrecherische Busfahrt nach Paraty, die nächste größere Stadt, um von dort weiterzufahren. Lebendig angekommen erfuhren wir, dass der geplant nächste Bus leider voll sei und nur im Nachtbus um 23:30 Uhr noch Plätze frei seien – also doch 7 Stunden warten. Eine kleine Odyssee, die wir, nachdem wir trotz des ungewohnten brasilianischen Telefonsystems endlich Dieter (Beates Bruder und somit ein „Onkel“ von mir, der uns eingeladen hatte)  erreicht hatten, mit Humor nahmen. Und immerhin saßen wir am nächsten Morgen pünktlich zum Frühstück bei Dieter in der Küche.



Mit Dieter im Segelclub
Der restliche Aufenthalt in São Paulo entschädigte uns dann für die Strapazen. Es war glücklicherweise Wochenende und Dieter nahm uns mit in seinen Segelclub. Dort gab es unglaubliche Buffets beide Tage, Caipirinha, Sauna und Pool. Sonntag nahm uns Dieter sogar mit segeln auf seinem Schiff. Es war herrlich. Abends haben wir außerdem Melanie, Beates Tochter getroffen in unserem Alter, die uns mit zu einem Fútbol Sala-Spiel ihrer Uni nahm und mit der wir zwei sehr lustige Abende hatten.


Das unverschämte Mortadellabrötchen
Montag und Dienstag reizten wir die nicht allzu große touristische Auswahl São Paulos aus und aßen ein Mortadella-Brötchen, das durch seine übertrieben dicke Belegung ein Wahrzeichen São Paulos, wahnsinnig lecker und wahrscheinlich der italienische Albtraum ist.

Wie gesagt, ansonsten ist die Stadt für Touristen wahrscheinlich nicht die Spannendste. Riesengroß (Südamerikas größte Stadt mit 10 Mio. Einwohnern), Brasiliens Wirtschaftszentrum (noch vor einigen Jahren machte São Paulo 40 % des brasilianischen BIPs aus, wurde uns erzählt) und mit unvorstellbar vielen Hochhäusern, was New York zumindest in der Anzahl alt aussehen lässt. Doch durch Dieters und Karinas Gastfreundschaft hatten wir einige sehr schöne Tage dort und blieben am Ende mit vier Nächten sogar länger als ursprünglich geplant.

Bei Melanie
Typisch Brasilianisch: Açaí


Trauminsel Ilha Grande


Unsere zweite Station war die wunderschöne Ilha Grande, die 3 Bus- plus 2,5 Fährstunden von Rio entfernt (in Richtung São Paulo) im Atlantik liegt. Marek und Nadja waren schon ein paar Tage eher angereist und haben uns so vorgeschwärmt, dass wir nicht anders konnten als dieses Prachtstück der Natur mit eigenen Augen zu sehen. Und wir wurden nicht enttäuscht!

Unser Bungalow im Hostel
Die Insel, etwas größer als Fehmarn, erhebt sich als imposante Berglandschaft mit etlichen Stränden bis zu knapp 1000 Metern aus dem Meer. Das idyllische Vila do Abraão ist der einzige echte Ort, der etwa 3000 Einwohner hat und an dessen schmalen, blütengesäumten Sandgassen  der vor allem Restaurants, kleinen Shops und Pensionen zu finden sind. Wer was auf sich hält und zu den Coolen gehören will, besitzt ein Fahrrad - Autos dürfen nämlich nicht auf die Insel gebracht werden. Vermutlich werden sie wohl aber auch kaum vermisst, denn Abraão durchquert man spazierenderweise in 15 Minuten und die Strände an den anderen Seiten der Insel sind sowieso nur zu Fuß über Wanderpfade oder per Boot zu erreichen.

Unser Hostel war ein echter Glücksgriff (und ebenfalls eine Empfehlung von Marek und Nadja): unser schnuckeliges Doppelbett-Häuschen lag inmitten eines Dschungels von Palmen und Blumen, und jeden Morgen hat ein Kolibri direkt vor unserer Tür an einer Reihe von Blumen sein Frühstück eingenommen. Unser eigenes war übrigens auch verdammt gut.

Das Highlight unseres Ilha Grande – Aufenthalts war definitiv die Wanderung zum Lopes Mendes Strand, der angeblich zu den drei schönsten Stränden Brasiliens gehört. 2,5 Stunden lang folgt man einem verschlungenen Wanderpfad auf und ab über die bergige Insel, durch den kräftig grünen Wald. Neben lauter subtropischen Pflanzen, die wir, wenn überhaupt, bisher nur aus dem Blumentopf kannten, haben wir auch ein paar Tiere gesehen – und noch mehr gehört.

Nach dem schönen, aber auch schweißtreibenden – weniger wegen der Höhenmeter, als wegen der unglaublichen Luftfeuchtigkeit – Marsch wurden wir tatsächlich mit einem unglaublichen Strand belohnt. Das Meer türkisblau und der Sand weiss und so fein, dass er unter den Füßen quietschende Geräusche von sich gibt (was Lukas direkt zu dem Versuch bringt, ihn als Musikinstrument zu nutzen).

Die Ilha Grande ist ein wahres Schmuckstück und ein Traum für Naturfreunde. Zum Glück hing die Insel am 19. Oktober, unserem Abreisetag, in trüben Wolken, sonst wäre uns der Abschied wohl noch schwerer gefallen.

Etappe 1 - Rio de Janeiro


Wir mit Gisela beim Feijoada essen in Rio
Unsere Reise startete am 4. Oktober 2012 von Frankfurt aus über London ins berühmte Rio de Janeiro. Wir landeten spät abends und sahen weder Zuckerhut noch Rio, nur Lichter. Vom Flughafen teilten wir uns ein Taxi mit zwei Anderen, die zusammen reisten, Nadja aus Bulgarien und Marek aus Mainz. Die beiden sollten uns noch eine Weile begleiten. Die erste Attraktion war damit schon erlebt, denn bei full speed schaute sich der Taxifahrer auf einem kleinen Bildschirm irgendeine brasilianische Soap an und wurde währenddessen von Motorrädern umkreist, die sich wie wilde Wespen durch den Verkehr schlängelten und wüst mit den Armen wedelten.

In Rio wohnten wir bei meiner (Lukas) "Tante" Gisela, nicht einmal fünf Minuten vom Strand von Copacabana entfernt. Gisela lebt in einem kleinen Haus in einem von Hochhäusern umrahmten Hinterhof. Eine kleine, wunderschön ruhige Insel inmitten des wilden Treibens der Stadt.


In guter Gesellschaft
In Rio de Janeiro haben wir dann auch gleich eine neue Freundin gefunden, die uns seitdem begleitet und deren Gesellschaft wirklich reizend ist: die Caipirinha. Sie ist eine echte Brasilianerin, aber wir hoffen, dass sie auch über die Landesgrenzen hinaus bei uns bleibt, denn mit ihr haben wir (fast) jeden Tag viel Spaß und wir würden die fröhlichen Stunden und angeregten Gespräche mit ihr wohl sehr vermissen.

Bine und die neugierigen Affen
Die Tage in Rio waren ein idealer Start in unsere Reiserei, ein guter Mix aus Sehenswürdigkeiten begutachten, Seele baumeln lassen und Andersartigkeit genießen. Wir haben den Zuckerhut erklommen (ja, tatsächlich erklommen, zumindest bis zur Mittelstation!), wurden auf dem Weg hinauf durch den Wald von neugierigen Äffchen bestaunt und haben entzückt zurückbestaunt und haben oben einen traumhaften Blick über Rio de Janeiro genossen. Das Jesulein durfte natürlich auch nicht fehlen, doch wurde der Genuss etwas getrübt durch den Wahnsinnstrubel auf dem Berg. Unzählbare Massen werden dort hinaufgekarrt, lassen sich mit ausgestreckten Armen vor der Betonstatue abknipsen, versuchen verzweifelt einen Platz an der Brüstung zu ergattern, um einen Blick auf Rio zu erhaschen. Im Vergleich zum Zuckerbrot (wie der Zuckerhut auf Brasilianisch heißt), war das eher die Peitsche.


Auf dem Zuckerhut
Wir haben uns am Strand gesonnt, im Atlantik gebadet und Kokosnüsse getrunken und versucht, uns durch die hitverdächtige Brandbreite des Obstangebots zu futtern. Ananas, Papaya, Banane, Maracuja haben wir bereits für sehr gut befunden, aber unschlagbar an der Spitze liegen Mango und Atemoya/Anonas. Davon können wir einfach nicht genug bekommen.

Elf Tage waren wir insgesamt in Rio und bei Gisela, liefen uns (in Bines Fall im wahrsten Sinne des Wortes) die Füße wund vom Botanischen Garten über Ipanema nach Copacabana und überall hin, wo man hin muss.

Panorama vom Zuckerhut. Der Strand links ist unser "Heimstrand" Copacabana

Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass wir anfangs etwas erschrocken waren angesichts eines Betondschungels aus Hochhäusern und Klimaanlagen mit Lianen aus Stromkabeln, Herden aus wilden Auto- und Buskolonnen und Leggins tragender Eingeborener. Doch dieser erste Eindruck wich schnell einem positiven Gefühl; vielleicht bedarf es einfach einer kurzen Weile, bis man sich als kleinstadtgewohnter Deutscher an den Anblick einer solchen Stadt gewöhnt. Bald begannen wir auch die knorrigen Bäume in den Straßen zu sehen, bewachsen mit Schlingpflanzen und Orchideen, die einfach an die Stämme gebunden werden und sich mit der hohen Luftfeuchtigkeit begnügen. Was uns auch auffiel, war Rios einzigartige Lage und Landschaft, die mit hohen steilen Bergen die Stadt auf natürliche Weise in ihre Viertel unterteilte, während entlang der Küste weiße Strände die Stadt vom Atlantik trennten. Und zu guter Letzt wahnsinnig günstige und leckere Caipirinhas.

Bine ist spitzfindig