Wie sollen
wir unsere Gefühle für diese Stadt beschreiben? Einst war Yangon (oder Rangun,
wie es insbesondere im Deutschen immer noch oft genannt wird) eine blühende
Prachtstadt des englischen Imperiums, an Glanz, Wohlstand und Strahlkraft
Singapur und Hongkong in nichts nachstehend. Doch mit dem Militärputsch Mitte
des letzten Jahrhunderts hat sich vieles verändert. Als wir am Abend unserer
Ankunft unseren ersten Spaziergang in der Dämmerung durch Yangons Straßen
machen, beschlich uns ein post-apokalyptisches Gefühl. Überall ist der einstige
Glanz der vergangenen Tage noch vage zu sehen, schöne Wohnhäuser mit Fassaden,
die voller kleiner Säulen und Balkone sind. Doch blättert an ihnen der Putz ab,
grüne Schlieren ziehen sich die inzwischen ergrauten Wände herunter, Fenster
sind kaputt. Die Platten der Gehsteige sind zersplittert, uneben oder fehlen
ganz. Die Straßen voller Müll und alles nur spärlich beleuchtet. Es wirkte, als
ob die Stadt bei einer Sturmflut versunken, das Wasser wieder abgelaufen,
Häuser und Straßen aber niemals wieder saubergemacht worden wären. Es war
erschreckend und faszinierend zugleich.
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Als wir ankommen, liegt Yangon im Dämmerlicht |
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Passend zur post-apokalyptischen Stimmung der Stadt sind hier unzählige Raben, die laut krähend über den Häusern kreisen, die Herren der Lüfte; Tauben gibt es wenig |
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Diese jungen Männer, bekleidet mit dem traditionellen Wickelrock, bestanden auf ein Gruppenfoto, als sie uns mit unserer Kamera antrafen |
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Yangons Altstadt mit der Sule-Pagode, dem Dreh- und Angelpunkt dieses Stadtteils |
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Alles voller Müll |
Eigentlich
begann unser erster Eindruck schon am Flughafen wenige Stunden zuvor, als wir
das erste Mal erlebten, wie an einem Flughafen der Strom ausfällt. Wir warteten
auf unsere Rucksäcke, als auf einmal alles finster wurde, das Gepäckband
stillstand, bis wenig später die Notbeleuchtung anging. Auch im Taxi auf dem
Weg in die Stadt war irgendetwas komisch, bis wir bemerkten, dass das Steuer
des Taxis und aller anderen Autos und Busse auf der rechten Seite war und
trotzdem auf der rechten Straßenseite gefahren wurde. Überholen wird da zum
Abenteuer. Das Hotel, welches wir uns ausgesucht hatten, das „White House
Hotel“, wirkte wie eine nicht fertiggestellte Baustelle, komplett verfließt und
unser Zimmer im achten Stock ohne Fahrstuhl, winzig, muffig, mit blauer
Bauplane statt Zimmerdecke und mit Ameisenstraße durchs Bett. Und dann folgte
unser nächtlicher Spaziergang. Myanmar, das kann ja was werden, dachten wir uns
etwas ängstlich, doch immer noch überwog die Neugier auf das Land.
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Unser muffiger Verschlag |
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Lukas schreibt fleißig Tagebuch nach dem "besten Frühstück der Welt" |
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Auch bei Tag ist Yangon schon noch ein bisschen gruselig |
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Früher hui, heute pfui |
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Lukas testet das Nationalbier |
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Unansehnliche Wohnhäuser in Yangon, ein häufiger Anblick |
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Dass im Time Magazine einige buddhistischen Mönche Myanmars heftig kritsiert werden, lässt die Bevölkerung nicht kalt |
Der nächste
Morgen bot ein etwas versöhnlicheres Bild. Die Straßen und kaputten
Bürgersteige waren inzwischen voller Menschen, der Müll war verschwunden und
stattdessen fanden sich überall kleine Essensstände, die frittierte Snacks,
jede Art von Werkzeug und Haushaltsgerätschaften und Bücher anboten. Dazwischen
tummelten sich die Birmanen mit ihrer auffallenden „Gesichtsbemalung“ gegen
Sonne und für gute Haut, die aus Sandelholz und Wasser hergestellt wird.
Touristen sind offensichtlich noch ein kleines Kuriosum, und so wird jede
Langnase neugierig bestaunt und jedes Lächeln von uns mit einem freudigen
Strahlen beantwortet. Ständig wurden wir angesprochen; das waren wir seit
Monaten gewohnt, doch anders als in den anderen asiatischen Ländern wollte uns hier
niemand etwas verkaufen – die Menschen waren einfach neugierig, wollten uns in
Myanmar willkommen heißen, ihre Englischkenntnisse testen oder zeigen, was sie
über Deutschland (nicht viel) oder europäischen Fußball (schon mehr) wissen. Noch
nirgends auf unserer Reise wurde uns so viel Offenheit und Freundlichkeit
entgegengebracht und wir so viel angestrahlt.
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Jugendliche spielen Chinlon, eine Art Fuß-Volleyball in den Straßen |
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Ein Birmane macht Pause am Unabhängigkeitsdenkmal. Im Hintergrund die Sule-Pagode |
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In den Straßen gibts allerlei Snacks zu erstehen |
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Die strahlende Swe Daw Myat Pagode etwas außerhalb der Stadt ist einen Ausflug wert |
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Im goldenen Inneren wird in dem Schrein im Zentrum die Replik eines Zahnes von Buddha verehrt |
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Bei unserem Tagesausflug mit Ella aus England sind wir ein echtes Kuriosum. Dieses Mädchen hält die Begegnung mit uns Langnasen stolz mit ihrem Handy fest |
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Fotografieren leicht gemacht: die meisten Birmanen finden es ziemlich cool, fotografiert zu werden |
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Bine wartet, bis der Regen vorrüber ist |
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Kein Tag ohne heftigen Regen |
Glücklicherweise
gibt es seit Januar die ersten internationalen Geldautomaten in Myanmar, was
unsere Reise sehr vereinfachte. So konnten wir gleich am ersten Tag mit einer
kleinen Erkundungstour in Myanmars ehemaliger Hauptstadt beginnen, doch der
einsetzende Monsunregen steuerte Schritte nach kurzem geradewegs in eine der
unzähligen Teestuben, die es in Myanmar an jeder Straßenecke gibt. Birmanischen
Milchtee oder- kaffee gibt es dort und dazu so viel normalen Tee, wie man
möchte. Außerdem kamen wir dort mit Birmanen ins Gespräch, die gerne ein wenig
von Land und Leuten erzählen, geduldig mit uns Birmanisch übten und uns mit exotischen
Früchten überhäufen, nur um sie uns zu zeigen.
Yangons strahlendes
Wahrzeichen ist die Shwedagon-Pagode. Seit Jahrhunderten Zeichen der Macht und
des Reichtums Myanmars steht sie riesig, glänzend und prachtvoll im Zentrum
dieser Stadt. 10 Tonnen Gold und an die 10.000 Diamanten, Rubine, Saphire und
andere Edelsteine bedecken diesen Turm, was nicht ganz zur allgegenwärtigen
Armut der Bevölkerung passen will. Imposant, doch irgendwie war sie am Ende für
uns doch nur ein großer Stupa und die Überwältigung wollte nicht so recht
einsetzen. Sehenswert ist sie aber dennoch.
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Die alles überragende, strahlende Shwedagon in Yangons Dämmerung |
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Da ist er, der goldene Angeber |
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Prunk in einem der vielen Tempel um die Shwedagon |
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Bine züchtig im Longyi mit unserem Guide, der es sich nicht nehmen lässt, ihr Schatten zu spenden, ob sie will oder nicht |
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Alles in und um die Shwedagon ist entweder golden oder riesig. Oder beides. Auf jeden Fall aber prächtig. |
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Ein Buddhist wäscht die goldene Tigerfigur, üblich für all jene, die an einem Montag geboren wurden |
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Die Shwedagon-Pagode, so groß, dass sie nicht mal aufs Panorama passt |
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Was nicht mehr ganz so prunkvoll glänzt, wird sofort (auf Bambusgerüsten) erneuert - Geld gibts genug, weil jeder, der etwas auf sich hält und es sich leisten kann, hier spendet |
Eine weitere
interessante Erfahrung war unser Besuch im Kino. Nach langer Zeit wollten wir
uns mal wieder einen Film in Kino anschauen, also kauften wir uns für etwa 2
Euro eine Karte für einen 3D-Film. Gezeigt wurde der neue Superman-Film,
interessanterweise auf Englisch und ohne Untertitel. Das führte dazu, dass der
rappelvolle Kinosaal bei jeder Action-Szene muxmäuschenstill war, doch jedes
Mal, wenn ein etwas ruhigerer Dialog kam, wurde laut geschwatzt, gegessen und
telefoniert. Dazu wurden permanent eine Art Kürbiskerne gegessen, dass der
ganze Saal von einem Knistern erfüllt war, das einem Vogelschwarm auf einem
Hirsefeld zur Ehre gereicht hätte. Kinobesuche in Myanmar sind halt eher
soziale Ereignisse, um zu sehen und gesehen zu werden.
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Alle Siebensachen sind gepackt und wir auf dem Weg zum Busbahnhof... |
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... der nicht nur schlammig, sondern auch riesig und fast ein eigener Stadtteil ist. Es geht weiter nach Bagan! |
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