Mittwoch, 19. Juni 2013

Good Morning, Vietnam!

Weiter geht’s, auf ins nächste Land! Vietnam steht auf der Liste, erster Stopp: Ho-Chi-Minh-Stadt, das frühere Saigon. Hauptstadt ist zwar Hanoi im Norden, doch Saigon ist die größte Stadt des Landes (wenn auch nur knapp) – mehr als 7 Millionen Menschen leben hier. Die meisten davon, so möchte man meinen, verbringen den Tag damit, ausgiebig hupend mit ihren Motorrollern durch die Stadt zu düsen. Was für ein Verkehrsgewusel! Die Straße zu überqueren ist hier deshalb eine echte Mutprobe: selbstbewusst muss man (trotz fehlender Lücke) auf die Straße treten und sie ruhig, ohne nach rechts und links zu blicken und in gleichbleibender Geschwindigkeit überqueren. Dann teilt sich der Strom der Fahrzeuge um einen herum auf, und alles klappt super. Bloß nicht zögern! Damit rechnen die Fahrer nicht und kommen ins Schlingern, nicht wissend, auf welcher Seite sie an einem vorbei fahren sollen, dann wird’s problematisch.

Verkehrsgewusel auf einer der kleineren Straßen
Am Straßenrand gehts dagegen eher weniger hektisch zu
Der Roller ist das Verkehrsmittel Nummer Eins
Und Mundschutz tragen ist ganz normal. Vielleicht auch gar nicht so dumm, bei einer Luft, die man vor lauter Abgasen beinahe schneiden kann, dachten wir
Nach Einbruch der Dunkelheit wirds weniger wuselig und kühlt außerdem angenehm ab
Familienfahrzeug Roller
Den hektischen, hupenden Rollermassen entkommt man am besten in einer der kleineren Gassen, von denen die im Backpacker-Viertel die verlockendsten Annehmlichkeiten bieten: herrlich gute Fruchtshakes nämlich, die wir uns jeden Tag gönnten. Abends außerdem Bier, ein großes Glas für 35 Cent, ein Angebot, das die Leute schon mal über die mittelmäßige Qualität hinwegsehen und trotzdem zahlreich erscheinen lässt. Und so wachsen die kleinen Plastiktische und -hocker mit späterer Stunde weiter und weiter in die Straße hinein. Dann wird es auch hier voll, aber irgendwie auf eine angenehme, gesellige Art, und vor allem hup- und abgasfrei. 

Lukas in froher Erwartung seines Fruchtshakes, welches der junge Herr gerade zubereitet
Straßenrand-Bier mit unserer Busbekanntschaft, einem Pärchen aus Australien/Schweden
In einer Seitenstraße
Neuer Tag, neuer Fruchtshake!
Nebenan
Auf dieser Dachterasse war das Bier zwar etwas teurer, der Ausblick dafür aber auch unschlagbar

Unsere Zeit in Saigon nutzten wir, indem wir fotografierend durch die Straßen spazierten, die vietnamesischen Nationalgerichte probierten – allen voran Pho, die typische Nudelsuppe, die die Vietnamesen vor allem zum Frühstück essen – und versuchten, ein kleines Gefühl für Stadt und Menschen zu entwickeln. Und dann wollten wir natürlich der Geschichte des Landes auf den Grund gehen, das allerdings stellte sich als gar nicht so leicht heraus. Das Museum für Kriegsgeschichte ist eine Ausstellung unzähliger Fotographien, die den Schrecken des Krieges zeigen, der spärliche Text dazu zielt allein darauf ab, anklagend auf die USA zu zeigen. An Fakten, Entwicklungen, Hintergründen und Objektivität wurde leider gespart, und so fanden wir uns abends im Hostel vor dem PC den Wikipedia-Artikel über den Vietnamkrieg lesend wieder. Der beantwortete einige unserer Fragen, aber lange nicht alle. 

Notre Dame, die katholische Kirche Saigons, versprüht europäischen Charme
Bine auf dem schön gestalteten Rathaus-Vorplatz
Volle Straßen und volle Straßenränder; geschäftiges Treiben überall, das ist Saigons Markenzeichen. Besonders entzückt waren wir, als wir sahen, dass diese Hüte tatsächlich immer noch überall getragen werden
Sieht das nicht einfach nur komisch aus? Doch superschmale Häuser wie dieses Hotel sind in Asiens Städten keine Seltenheit
Eine kleine Werkstadt in Saigon mit einem schlafenden Besitzer
Gute Laune am Verkaufsstand
Diese Schnecken sollen eigentlich als Delikatesse verkauft werden, machen sich jedoch langsam aber sicher aus dem Staub...
... während die Shopbesitzerin einen Film auf ihrem IPad schaut und ihre Ware darüber anscheinend völlig vergessen hat. Fesselnder Film = Schneckenglück!
Wenns geregnet hat, malen Bines FlipFlops moderne Kunst an ihre Beine
Lukas im Hostel
Bine und viele Fotos im Kriegsmuseum
Der Wiedervereinigungspalast, heute auch zu besichtigen
Lukas mag sein Pho!
Unsere zweite Station in Vietnam war die alte Königsstadt Hue, ungefähr in der Mitte des schmalen Landes gelegen. Doch wollten wir dorthin auf besondere Weise reisen – nämlich mit dem Nachtzug! Halb 11 Uhr abends wurde die Kette von der Tür zum Bahnsteig in Ho Chi Minh Stadt entfernt und wir strömten mit einer Schar müder Vietnamesen und auch einiger anderer Touristen zum Zug. Unser Ticket hatte den wenig verführerischen Namen „hard sleep“, doch entpuppten sich unsere Kojen als recht gemütlich. Ein bisschen sahen wir vielleicht aus wie Ölsardinen mit drei Pritschen über einander an beiden Wänden, doch waren sie erstaunlich bequem. Dazu die einmalige, fast magische Stimmung, die einen nur auf langen Zugreisen packt, und dann das „Dodom“ des fahrenden Zuges, welches einen in den Schlaf wiegte… wir fanden's klasse. 18 Stunden dauerte die Fahrt durch Reisfelder und entlang der Küste, bis wir putzmunter und lustig unser Ziel erreichten. Zugfahren, das machen wir wieder mal!

Das große Warten am Bahnhof, bis es los geht
Unser kleines Abteil: Bine schläft ganz oben rechts, Lukas rechts in der Mitte
Musik im Ohr und ausgestreckt - so lässt sichs reisen
Lukas ersteht seinen zweiten, weil sehr leckeren Kaffee mit Kondensmilch beim Boardpersonal
Angekommen, und zwar ausgeschlafen!
Kaum sind wir in Hue aus der Bahn gestiegen, gibts einen Wolkenbruch. Tolle Wurst!
Die Hue'er Jugend scheints wenig zu stören, die spielen fröhlich weiter Fußball
In Hue hatten wir großes Hotelglück, für 12 Euro bekamen wir ein Doppelzimmer mit Klimaanlage, Bad, frischen Blumen in der Vase und Rosenblättern auf dem Bett. Außerdem war ein Frühstück inklusive, bei dem wir aus einer Karte bestellen durften, was und wie viel wir wollten. Wir konnten unser Glück kaum fassen! In Verbindung mit unseren gerade sehr spannenden Büchern und einem kurzen Schwall Reisemüdigkeit ergab es sich deshalb, dass wir Hue nicht allzu ausgiebig erkundeten, sondern vor allem unser Hotel genossen – für ein bisschen Umschauen reichte es aber schon.  

Bine mit Baum am Fluss
Auch immer noch ist der Weg zur Empfangshalle des vietnamesichen Königs imposant
An dieser Stelle stand der Königspalast, doch sind nur noch dieses bisschen Fliesen davon übrig, nachdem verzweifelt versucht worden war, die sich dort versteckenden Vietcong per Bombenteppich zu bezwingen
Eine vietnamesiche Schulklasse hat Lukas zu ihrem neuen Freund und Lieblingsfotomotiv auserkoren und jeder testet mal seine Englischkenntnisse. Ein sehr lustiger Ausflug!
Die Tore zur Königsstadt machen auch heute noch was her
Seit Ewigkeiten mal wieder ein selbst zubereitetes Essen, welch eine Wucht! Es gibt Baguette, Streichkäse, Tomaten, Gurke, Obst und Wein. Und einen Film. Wir sind begeistert von Idee als auch Umsetzung!
Weil wir immer noch mächtig unbefriedigt mit unserem Wissensstand über den Vietnamkrieg waren und uns einige Fragen unter den Nägeln brannten, wählten wir Dong Ha als letzten Stopp unserer kurzen Vietnamreise. Dong Ha ist eine eher wenig touristische Stadt mitten in der DMZ (Entmilitarisierte Zone), wo es, so hatten wir gehört, einen Führer gibt, der individuelle Touren macht und sich auch wirklich auskennt. Mr. Tin ist dieser besagte Herr, den wir erstaunlich schnell ausfindig machen konnten. Schon am nächsten Tag machten wir per Motorrad eine große Tagestour zu allerlei Denkmälern, Gräbern, Museen (die allerdings ebenso schlecht waren wie die in Saigon) zum Grenzfluss und zu den Tunneln, die sich das nordvietnamesische Militär als auch normale Bürger bauten, um Schutz vor amerikanischen Luftangriffen zu finden. Vor allem aber beantwortete Mr. Tin geduldig all unsere Fragen, sodass wir schließlich doch das Gefühl haben, diesen verrückten Krieg, seinen Ablauf und seine Auswirkungen einigermaßen nachvollziehen zu können. Eine lohnende Unternehmung also, und eine tolle Motorradausfahrt noch dazu. 

Bine und ihr Fahrer, Tin's Kollege, sind startklar
Ein Friedhof des nordvietnamesischen Militärs; auf fast allen Grabsteinen stehen die gleichen Wörter, welche "Name unbekannt" bedeuten
Mr. Tin erklärt Lukas, wies wirklich war
Während der Fahrt eingefangen: ein Reisbauer bei der Arbeit
Bine überquert den ehemaligen Grenzfluss zwischen Nord- und Südvietnam, der früher strengstens überwacht und kontrolliert wurde
Wasserbüffel nehmen sich die Vorfahrt
Die Fahrt führt mitten durchs ländliche Leben
Mit Schaufeln und anderen Alltagsgegenständen trieben die Dorfbewohner die Tunnel in drei Stockwerken in die Erde - leider nicht immer die Größe der zukünftigen Touristen bedenkend
Vier Jahre lebte das Dorf unter Tage: Die Kinder gingen zur Schule, Nachts wurde unter langen Abzugslöchern gekocht und sogar acht Kinder sind dort geboren
Was früher aus der Not geboren wurde, ist heute für uns ziemlich interessant
Minikuhherde wird glatt überholt
Herrlich rot blühen überall diese Bäume, doch täuscht die Idylle darüber hinweg, das an dieser Stelle der Tunnel eines kleinen Dorfes den Bombardements der Amerikaner nicht standhielt und alle, die sich dort versteckt hatten, lebendig unter sich begrub
Feldarbeit

1 Kommentar:

  1. Silke Stichling-Jäger25. Juni 2013 um 10:05

    Ich habe gerade mit den Dadas eure letzten 6 Stationen angesehen und alles vorgelesen. Ich werde mich vor unserer Reise auch noch mit der Vergangenheit von Vietnam beschäftigen. ich merke dass ich nur eine wage Vorstellung habe. Jetzt gibt es erstmal Dämmerschoppen in einem ziemlich verregneten Hamburg.

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